Die Demokratie verankert die politische Selbstbestimmung des souveränen Volkes. Amts- und Mandatsträger werden mit dem Ziel gewählt, sich der öffentlichen Angelegenheiten stellvertretend für die Bürger anzunehmen. Für seine Tätigkeit bedarf das Gemeinwesen eines Leitungsorgans, das die Politik des Staates bestimmt: der Regierung. Ihr obliegt es, auf verfassungsmäßiger Grundlage die staatlichen Aufgaben festzulegen und zu erfüllen. Die Funktion des Regierens könnte deshalb von größerer politischer Bedeutung nicht sein. Denn das Regieren entscheidet mit seiner Zuständigkeit für das Wirken des Staates darüber, unter welchen gemeinsamen Bedingungen die demokratische Gesellschaft leben will.
Als Gesetzesvollzug und Ausübung politischer Macht wird das Regieren nicht zureichend verstanden. Vielmehr dient es dem Zweck der staatlichen Gemeinschaft, durch hoheitliche Maßnahmen das allgemeine Beste zu fördern. Dem Regieren gebührt die Initiative für staatliches Handeln, es soll die Einheit des Gemeinwesens sichern und seiner Fortentwicklung die Richtung vorgeben. Davon ausgehend werden in diesem Buch Leitvorstellungen für gutes Regieren skizziert. Gegen den vordergründigen Eindruck, das Regieren durch äußere Umstände zunehmend beschränkt zu sehen, und angesichts mäßiger Regierungsbilanzen gilt es die unvertretbare Notwendigkeit und die großen Möglichkeiten des Regierens zu erkennen.
Regieren hat zuerst einen öffentlichen Leistungsauftrag. Wird es diesem gerecht, entsteht politisches Vertrauen. Ein Regieren, das darüber hinaus mit schöpferischer Gestaltung das Gemeinwesen zukunftsweisend erneuert, erreicht den Maßstab einer Kunst. Diese verdient sich ihren Namen nicht durch machtpolitisches Geschick. Regierungskunst in der Demokratie beruht auf zwei Handlungswerten. Einmal der Bereitschaft und Fähigkeit zur politischen Führung. Zum anderen der Verantwortung vor den Bürgern und für das allgemeine Wohl. Verantwortungsbewusst zu führen ist das Gütezeichen einer Regierungskunst, die das demokratische Gemeinwesen für seine besten Fortschritte nicht entbehren kann.