Vorderhand unterliegt die Börse ihren eigenen marktwirtschaftlichen Gesetzen. Als Institution, die vor allem auf Wertpapiermärkten Kapital erschließt und unter Renditegesichtspunkten verteilt. Aktien- und Anleihekurse scheinen dabei durch politikferne Größen bestimmt zu werden: volkswirtschaftliche Basisdaten, unternehmerische Kennziffern und die Ausstattung der Anlageprodukte. Welche Bedeutung kann für ein solches, auf den ersten Blick geschlossenes System die Politik noch haben? Hat die Börse nicht längst eine unpolitische Eigendynamik entwickelt?
Keineswegs. Politische Entwicklungen können in die Kursbildung auf den Wertpapiermärkten stark eingreifen. Belastend oder stützend, vorgreifend oder nachholend. Bislang fehlt es an zureichenden Erkenntnissen über Art und Reichweite politischer Börsenimpulse. In diesem Buch wir anhand zeitgeschichtlicher Beispiele erklärt, wie eng die Beziehung der Politik zu dem Kursgeschehen an den deutschen Börsen mitunter ist. Seit den neunziger Jahren haben internationale Entwicklungen wiederholt für heftige Kursausschläge gesorgt. Zugleich sind die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, die Investoren in Deutschland vorfinden, von ausschlaggebender Bedeutung für die Kapitalanlage geworden.
Für die deutsche Politik ist daraus eine erhebliche Mitverantwortung für die Verfassung der Börse – ihre Auf- und Abschwünge – entstanden. Ein stabiler Kapitalmarkt mit festen Aktien- und Anleihekursen beruht auf politischen Voraussetzungen. Diese gilt es um so mehr zu beachten, seitdem börsennotierte Wertpapiere in den Mittelpunkt der privaten Altersvorsorge rücken. Das Wissen über politische Börsen schließt nicht nur eine Forschungslücke. Auch private und institutionelle Investoren werden Wirkungen der Politik auf die Wertpapierkurse künftig zuverlässiger einschätzen können.