Was ist an der Sonne, das nicht in den Augen sei? Wie die Sonne gibt Licht ihrem Element, also die Augen ihren Elementen. (Paracelsus, Edition Sudhoff, III, 473).
Mit den Augen, also beobachtend, so meint Paracelsus, sei dem nahezukommen, was er immer wieder das Licht der Natur nennt. Es liegt außerhalb des Menschen, wie er zu Beginn seines Labyrinthus medicorum errantium ausführt, und muß schrittweise in den Menschen aufgenommen werden, bis es dessen Vernunft erleuchtet.
Wer einmal mit dem verehrten Jubilar durch die Natur wanderte, wird nicht so leicht vergessen, mit wieviel Liebe zur Kreatur und mit welcher Hingabe ans Detail des Geschaffenen er wachen Auges Flora und Fauna erlebt, fachgerecht klassifiziert und in den großen Haushalt, den Oikos der Natur mit seinen Zyklen, stellt. Man geht mit ihm nicht einfach ins Grüne, sondern man sieht mit ihm die millionenfache Facettierung und die Wechselwirkung alles Lebenden.
Dies sind wohl die Grundhaltung und der Impetus, die beide den Mediziner, Naturwissenschaftler und Philologen Gundolf Keil seine Forschertätigkeit den natürlichen Dingen zuwenden ließen, und zwar in den Textüberlieferungen, wie sie im Gang der Kulturgeschichte von Ärzten, Botanikern, Kosmologen u.a. gedeutet wurden. Insbesondere nahm er das noch großenteils brachliegende Feld der mittelalterlichen deutschen Fachliteratur der Artes in seine Obhut, hierin dem Lehrer und Freund Gerhard Eis folgend, und auf diesem Gebiet mittlerweile international die Zentralfigur.
Hunderte von Publikationen, die im Anhang dieser Festschrift verzeichnet sind, zusammen mit einer Fülle von organisatorischen Aktivitäten, zeugen von unermüdlichem Engagement. Letztere reichen von den Alltagssorgen des Institutsvorstandes über Herausgebertätigkeiten, insbesondere beim Verfasserlexikon, bei Sudhoffs Archiv, bei der DFG-Kommission für Humanismusforschung, nicht zuletzt bei der eigenen Zeitschrift, den Würzburger medizinhistorischen Mitteilungen, und der eigenen medizinhistorischen Reihe, den Würzburger medizinhistorischen Forschungen, sowie vielen Festschriften und Sammelbänden, über Vorstandstätigkeit in verschiedenen in- und ausländischen wissenschaftlichen Gesellschaften, wobei dem aus Wartha gebürtigen Schlesier (17.7.1934) die Leitung des Gerhard Möbus-Instituts für Schlesienforschung eine besonders liebe Pflicht ist, bis hin zur Betreuung des Großprojekts der Ortolf von Baierland-Edition und außergewöhnlich vieler Dissertationen sowie Habilitationsschriften. Mit Dankbarkeit und Hochachtung erinnert sich der große Kreis seiner Schüler an den persönlichen Einsatz ihres aus unerschöpflich anmutenden Wissensressourcen schöpfenden akademischen Lehrers. Anregend wirkt stets seine prinzipielle thematische und methodische Offenheit, angefangen beim Literaturbegriff – so weit wie irgend möglich – bis zur Erforschung von Detailrealismen in der Fiktionalliteratur. Im Zentrum seiner Bemühungen steht immer philologische Genauigkeit beim Edieren der Fachtexte und beim Aufrollen der Text-, Überlieferungs- und Wirkungsgeschichte eines Fachdenkmals. Seine Arbeit hat unsere Kenntnis dieses Teils der Kulturgeschichte unerwartet bereichert. Man braucht hierzu lediglich die einschlägigen Artikel im Verfasserlexikon der 1. Auflage mit denjenigen der zweiten zu vergleichen.
Einen derart geistig Reichen mit geistigen Gaben zu beschenken, ist nicht einfach, wie schon Censorinus in seinen Betrachtungen zum Tag der Geburt (De die natali, 1,5) andeutet:
Quare cum dona pretiosa neque tibi per animi virtutem desint nec mihi per rei tenuitatem supersint, quodcumque hoc libri est meis opibus conparatum natalicii titulo tibi misi.